Wie die Landwirtschaft in Afrika ertragreicher wird

Von |2023-04-21T18:08:40+00:00April 22, 2022|Entwicklung, LATEK Stay Alliance, Uganda|

Wie kann die Landwirtschaft in Afrika die Ernährungslage sichern, wenn Importe wegbrechen? Mit dem richtigen Fachwissen lassen sich die Erträge erheblich steigern. So produzieren Kleinbäuer:innen nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für die Märkte ihrer Heimat.

Manchmal reichen schon Kleinigkeiten, um die Landwirtschaft in Afrika ertragreicher zu machen. Man muss sie nur kennen. Ein spezielles Schulungsprogramm (Stay Seed) vermittelt Kleinbäuer:innen in Uganda fachmännische Tipps und Tricks. Sie decken alles ab, von Bodenvorbereitung, über Aussaat, Bewässerung, Schädlingsbekämpfung, Ernte, Lagerung bis hin zum Transport der Feldfrüchte. Für jede Nutzpflanze gibt es maßgeschneiderte Empfehlungen. Und manchmal spielen sie auch gut zusammen. Sojabohnen zum Beispiel sind gut geeignet, um sie im Fruchtwechsel mit beispielsweise Mais anzubauen. Auf einem Hektar ist optimal Platz für 350.000 Sojapflanzen. Um bis zu 10 Prozent steigt die Ernte, wenn die Pflanzen im optimalen Reihenabstand von 25 cm zueinander stehen.

Die Landwirtschaft in Afrika hat Potenzial

Ist das kleinlicher Perfektionismus? Nein, denn 250 Millionen Menschen in Afrika leiden Hunger, mehr als auf jedem anderen Kontinent. Und das, obwohl Afrika über gigantische fruchtbare Flächen verfügt. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche Afrikas ist beispielsweise sechsmal so groß wie die Europas. Doch während Europa mehr produziert als es verbraucht, sind insbesondere Nord- und Ostafrika auf Importe angewiesen. Rund ein Viertel des benötigten Getreides bezieht Afrika von anderen Kontinenten. Durch den Krieg in Osteuropa sind diese Importe akut gefährdet, noch mehr Hunger droht.

Doch die Region südlich der Sahara verfügt über einen riesigen landwirtschaftlichen Sektor – in Uganda arbeiten darin etwa mehr als 70 Prozent. Die meisten von ihnen sind Kleinbäuerinnen und -bauern mit rund zwei Hektar Land. Dort bauen sie für sich und ihre Familien an.

Fachleute raten, dieses enorme Reservoir an bäuerlichen Betrieben für die Ernährungssicherung zu nutzen. Der Schlüssel liegt darin, die Produktivität der Landwirtschaft in Afrika zu steigern. Das macht die Schulungen so wertvoll.

Nordamerika Europäische Union Subsahara-Afrika
Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft (in Prozent)
Quelle: Weltbank
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Wissen verhindert Verschwendung

Zurück zum Feld. Mais ist eines der Grundnahrungsmittel in Afrika. Doch der Vergleich mit der Produktivität auf anderen Kontinenten zeigt, wie stark insbesondere die Region Ostafrika hinterherhinkt (siehe Tabelle). Die Mais-Ernten könnten im Schnitt viermal höher ausfallen. Und das alleine dadurch, dass mehr Pflanzen angebaut werden. Denn rund 50.000 Pflanzen können auf einem Hektar Platz finden. Wichtig ist auch, wie es nach der Ernte weitergeht: Die Bauern müssen die Maiskolben auf geeigneten Unterlagen trocknen, bis der Feuchtigkeitsgehalt nur noch etwa 14 Prozent beträgt. Durch besseres Trocknen, Schälen und Lagern vermeiden geschulte Bauern den Verlust von bis zu 40 Prozent ihrer Ernte. Wer mehr weiß, kann auch mehr ernten.

Nordamerika Europäische Union Ostafrika
Mais-Ernte je Hektar und Jahr (in Tonnen)
Quellen: OECD, Our world in data
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Aber um die Ernährungslage zu sichern, geht es der Landwirtschaft in Afrika nicht nur um Kalorienlieferanten wie Mais. Ugander lieben Bohnen, im Schnitt isst jede:r Einwohner:in fast 60 Kilo im Jahr. Gerade für ärmere Familien liefern Bohnen wichtiges Eiweiß. Für den erfolgreichen Anbau kommt es auch hier auf das „Wie“ an. Gegenüber dem durchschnittlichen Ertrag lassen sich durch Fachwissen die Erntemengen versechsfachen. Dabei spielt auch der richtige Erntezeitpunkt eine entscheidende Rolle: Wird er zu früh gewählt, sind die Bohnen klein und verschrumpelt, liegt er zu spät, sind die Bohnen anfällig für Ungeziefer.

Mangelhaftes Saatgut ist bei allen Getreidesorten ein häufiges Problem. Deswegen lernen die Teilnehmenden auf den Stay Seed-Schulungen, wie sie gutes von schlechtem unterscheiden können. Sie lernen, einfache Qualitätstests selbst durchzuführen. Keimt ein Samen nicht, werden sie dazu ermutigt, sich bei ihrem Saatgutlieferanten zu beschweren. Um sich gegen unfaire Samenhändler durchzusetzen, hilft auch ein gemeinsames Auftreten am Markt. Gemeinsam erhöhen die Kleinbäuer:innen ihre Schlagkraft. Dafür spielen Kooperativen wie MAIO Sacco und andere, die sich im Netzwerk der Stay Alliance zusammengeschlossen haben, eine große Rolle.

Bäuer:innen sind dankbar

Stanley Mwanika bewirtschaftet selbst ein Stückchen Land und baut Mais und Bohnen an. Die rund 1000 Kleinbäuer:innen von MAIO Sacco haben den heute 49-Jährigen zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Denn er spricht ihre Sprache und weiß genau, wo ihre Probleme liegen. 80 seiner Kleinbäuer:innen ermöglichte er die Teilnahme an Stay Seed. Die Interessenten dafür hatte er schnell zusammen, erzählt er: „Immer wieder kamen Bäuer:innen zu mir und fragten: Was können wir tun, damit unsere Bohnen so wachsen wie deine? Ich habe ihnen Stay Seed erklärt und sie waren überzeugt.“

Überzeugt ist auch die heute 19-Jährige Lillian Scovia aus Uganda, die an der Schulung teilgenommen hat. Danach erzählte sie: „Qualität und Menge meiner Erträge waren früher gering, weil ich keine ausreichenden Kenntnisse für den Anbau hatte. Auf meinen zweieinhalb Hektar habe ich ein bis drei Säcke Mais und Sojabohnen geerntet. Aber seit meiner Schulung habe ich bessere Samen und kenne bessere Pflanz-, Pflege- und Erntemethoden. Es hat funktioniert wie Magie! Jetzt ernte ich auf der gleichen Fläche zehn Säcke.“

Das Programm Stay Seed wird unterstützt von der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit des Landes Baden-Württemberg und von der Heidehof Stiftung.

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Über den Autor:

Andreas Kugler arbeitet bei Stay und trägt dazu bei, dass die Stiftung und ihr neuer Weg in der Armutsbekämpfung immer bekannter werden.
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