„Als stayrider sammle ich Kilometergeld für Afrikas Ärmste“

Von |2023-04-21T18:12:47+00:00April 20, 2022|stayrider|

Als #stayrider tourt Jürgen Hofer allein mit dem Fahrrad um Europa. Wie trainiert er? Was isst er? Wo schläft er? Hier beantwortet er die wichtigsten Fragen zur Power-Tour.

Redaktion: Jürgen, in einer guten Woche startest du deine Tour um Europa. Wie trainierst du dafür?

Jürgen: Ich trainiere eigentlich, seitdem ich acht Jahre alt bin. Mein ganzes Leben ist gefüllt mit leistungsorientiertem Sport. Ich hatte zum Glück nie schlimme Verletzungen oder Krankheiten. Deswegen trainiere ich jetzt nicht extra für meine Europatour. Im letzten Jahr habe ich über 1000 Trainingsstunden gemacht. Das sind im Durchschnitt fast drei Stunden jeden Tag. Und das war eigentlich jedes Jahr so. Ich mache alles Querbeet, zum Beispiel Schwimmen, Fitness, Laufen, Fahrradfahren, Bergsteigen. Das gibt meinem Körper eine Grundfitness, und ich verstehe ihn sehr gut. Ich weiß, warum was zwickt und was ich dagegen tun muss.

Als ich Kind war, hatte ich einen Turnlehrer, einen ehemaligen Boxmeister. Er hat mit uns immer Liegestütze gemacht. Seitdem trainiere ich auch extrem viel mit dem eigenen Körpergewicht, insbesondere, um Bauch und Rumpf zu kräftigen. In der Früh mache ich Planking. Zunächst halte ich die Position, um dann in eine dynamische Belastung überzugehen. Und am Abend und am Morgen machen ich zehn bis 15 Minuten Yoga.

Deine Tour ist eine enorme körperliche Leistung. Wie wirst du dich mit der nötigen Energie versorgen?

Ich habe das Glück, dass mein Körper mit allem funktioniert: Zucker, Fast Food, Schokolade, Chips. Aber es ist wichtig, bei der Ernährung zwei Dinge auseinander zu halten: Das eine ist der Brennstoff, die Energie, die Kohlenhydrate. Die sind wie das Benzin im Auto.

Dann brauchen Autos aber auch noch andere Dinge, wie zum Beispiel Schmierstoffe. Beim Menschen sind das Mineralien, Spurenelemente. Die schwitzt man aus und kann sie nicht durch die Nahrung so leicht auffüllen. Das ist eine Herausforderung für mich, denn ich kann nicht viel mitnehmen. Ich habe auch keine Unterstützung, die neben mir herfährt und das alles dabeihaben könnte.

Die Geschwindigkeit ist auf meiner Tour ganz wichtig. Dafür muss ich meinen Luftwiderstand gering halten und kann nur minimales Gepäck mitnehmen. Ich habe einen Arzt, der mich zur Ernährung berät. Er hat mir ausgerechnet, dass ich an einem warmen Tag pro Stunde 15 Gramm an Mineralstoffen verschwitze. Es sind also 150 Gramm pro Tag. Dafür muss ich Ernährungsquellen finden aus einfachen Lebensmitteln, Dinge, die es unterwegs überall gibt.

Und was kann das sein?

Die Lösung ist überraschend einfach: Harte Wurst, wie Salami, versorgt mich mit Salz und Proteinen. Brot versorgt mich mit Kohlenhydraten. Und schließlich alkoholfreies Bier mit Mineralien. Alkoholfreies Bier wird im Sport gern genutzt, weil es isotonisch ist und Flüssigkeit und Elektrolyte liefert.

Aber hast du auch die Zeit, um zu essen?

Ich werde den Tag in Etappen einteilen: Ich werde um fünf Uhr aufstehen und um sechs Uhr losfahren. Dann radle ich jeweils zwei bis zweieinhalb Stunden. Danach pausiere ich für 30-45 Minuten. Ich komme also nicht in den roten Bereich der Köperbelastung. Der Körper kann in der Pause runterfahren. Und das Blut ist dann nicht in den Muskeln, sondern im Magen.

Der #stayrider hat nur minimales Gepäck dabei.
Foto: Christoph Kalscheuer

„Ich werde täglich um sechs Uhr losfahren. Dann radle ich in vier Etappen von jeweils zwei bis zweieinhalb Stunden.“

Jürgen Hofer ist der #stayrider

So hast du deine Tage also fest eingeplant?

Ja, meine Tage werden aus drei Elementen bestehen, in dieser Reihenfolge: Schlafen, fahren, essen, fahren, essen, fahren, essen, fahren, essen, schlafen. Alle zwei bis zweieinhalb Stunden esse ich meine Salami, das Brot und trinke Bier. Das sichert die Grundversorgung. Und dann muss ich die schnelle Energie durch Zucker, Cola oder Schokolade zuführen. Einmal am Tag versuche ich warm zu essen, das braucht mein Körper, zum Beispiel Suppen, die haben oft viele Nährstoffe. Ich bekomme zusätzlich noch Salztabletten mit Mineralstoffen, die helfen, falls ich zu viel ausschwitzen sollte.

Essen ist eine wichtige Herausforderung. Die andere ist Gesundheit. Worauf stellst du dich ein?

Ja, neben der Ernährung gibt es einen zweiten Risikofaktor, der ein „Gamechanger“ sein könnte. Nämlich, dass der Po wund wird. Schließlich sitze ich jeden Tag zwischen acht und zehn Stunden auf dem Sattel. Um das zu verhindern, habe ich mich von einem Hautarzt beraten lassen und zwei für mich passenden Cremes bekommen. Diese nehme ich mit auf die Tour: eine für wunde Stellen, die andere zum Vorbeugen.

Zweitens muss meine Fahrradhose immer sauber sein. Deswegen muss ich zwei Hosen mitnehmen und jeden Tag eine davon waschen. Und in den Pausen, wenn ich vom Rad steige, muss ich mich dehnen. Immer kleine Übungen machen, um geschmeidig und flexibel zu bleiben. Wenn ich eine Möglichkeit habe, mich an eine Stange zu hängen und die Hüfte baumeln zu lassen, hilft es, die Wirbelsäule zu stabilisieren.

Und wo wirst du schlafen?

Ich will auf der Tour mit möglichst wenigen Mitteln auskommen. Ich will nur alle paar Tage mal in einem Hotel übernachten. Die meisten Nächte suche ich mir spontan irgendwo ein Plätzchen oder setze auf die Gastfreundschaft der Menschen.

Jürgen, da bleibt nur eine Frage: Warum machst du das alles?

Mit meiner Tour will ich auf Afrika aufmerksam machen und darauf, dass unternehmerische Kraft der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung sein kann. Selbst in den ärmsten Regionen Afrikas gibt es Menschen mit unternehmerischem Drive und dem Willen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. So wie Unternehmerinnen und Unternehmer das Rückgrat des europäischen Wohlstands sind, kann dieser Spirit auch in Afrika für Wohlstand sorgen. Entwicklungsarbeit muss dieses Unternehmertum unterstützen. Deswegen will ich für die Stiftung Stay um Europa touren. Ich will kein Geld für die Tour, im Gegenteil: ich zahle alles selbst. Aber ich sammle Kilometergeld, mit dem Stay afrikanische Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmer unterstützt. Sie schulen zum Beispiel ugandische und kenianische Kleinbauern im Getreideanbau. Und das ist jetzt wichtiger denn je, denn Getreide wird in der Region bald knapp. Jede Spende von 10 Euro verlängert meine Tour um einen Kilometer und ermöglicht diese Schulungen. Ich will ganz viele Menschen auf Stay aufmerksam machen, die es sonst nicht geworden wären!

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Über den Autor:

Andreas Kugler arbeitet bei Stay und trägt dazu bei, dass die Stiftung und ihr neuer Weg in der Armutsbekämpfung immer bekannter werden.
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