Immer öfter wird Purpose für Unternehmen zu einem Kernthema: Purpose bezeichnet den Zweck oder tieferen Sinn des Wirtschaftens. Ein klarer Purpose unterstützt die Strategie, hilft bei der Personalfindung und bindet die besten Köpfe.
In den achtziger Jahren war es noch die Komikertruppe Monty Python, die dem Sinn des Daseins nachspürte. Die Erkenntnisse waren dürftig („Lesen Sie ein gutes Buch und kommen Sie gut mit Ihren Nachbarn aus.“). Heute sind Top-Manager:innen die Top-Sinnsuchenden. Unter dem Begriff „Purpose“ fragen sie sich immer öfter nach dem Sinn (englisch: „Purpose“) ihres Unternehmens. Mehr Marktanteile, mehr Umsatz, mehr Börsenwert – oder gibt es da noch mehr? Etwas, was über den klassischen Betriebszweck hinausgeht? Einen höheren, ideellen Grund?
Warum ist Purpose für Unternehmen wichtig?
Angestoßen wird diese Sinnsuche oft von der Belegschaft. Denn für Arbeitnehmer:innen hat der Sinn ihrer Arbeit einen immensen Stellenwert. Das gilt für junge wie für ältere. Die Autor:innen der angesehenen Shell-Jugendstudie schreiben, dass Jugendliche sich wünschen, ihre Arbeit als „sinnvoll“ zu erleben. Um die 70 Prozent wollen mit ihrem Job sogar „etwas Nützliches“ für die Gesellschaft tun.
Jugendliche Träumereien? Mitnichten. Am anderen Ende der Karriere ein ähnliches Bild: Je länger Mitarbeitende in ein und demselben Unternehmen beschäftigt sind, umso mehr fragen sie nach der Mission ihres Arbeitgebers („The Employee Voice“ von Peakon). Wenn das Unternehmen seinen Sinn vermittelt, kann es also einfacher junge Köpfe für sich gewinnen und erfahrene bei der Stange halten.
Umgekehrt schlummert hier aber auch eine Zeitbombe für die Personalpolitik. Denn der Purpose ist oft so wichtig wie flüchtig: Die Mehrheit von Mitarbeitenden – und sogar! – Führungskräften ist auf die Frage nach dem Sinn ihres Unternehmens ratlos, zeigt eine Studie von Kienbaum und Human Unlimited von 2020. Dazu passt, dass heute mehr Angestellte denn je über einen Jobwechsel nachdenken.
Achten Kunden auf Purpose?
Neben den Mitarbeitenden hinterfragen auch die Kund:innen stärker das Unternehmenshandeln. „Purpose“ läuft allmählich dem Preis als Kaufkriterium den Rang ab. Die Ergebnisse einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2020 (durchgeführt von POSpulse) wirken wie ein Fanal: Auf die Frage, welche Veränderungen ihnen an ihrem Discounter am wichtigsten wären, waren die häufigsten Antworten der Kund:innen „Nachhaltigkeit“ und „Verantwortung für die Umwelt“. Wohlgemerkt: Befragt wurden die Kund:innen eines Discounters!
Der Wunsch nach Nachhaltigkeit und einem größeren Fairtrade-Angebot steigt. Auch hier gilt also: Die Unternehmen müssen mehr als nur ihre Arbeit machen. Sie müssen den übergeordneten gesellschaftlichen Sinn dieser Arbeit vermitteln. Andernfalls gewinnen sie keine Marktanteile mehr hinzu.
Wie wird Purpose für Unternehmen zum Erfolg?
Damit ist klar, dass Purpose für Unternehmen erfolgskritisch ist. Doch wie wird nun die Sinnsuche selbst zum Erfolg? Dafür sollten Unternehmen drei Bedingungen beachten: Authentizität, Konsistenz und Sichtbarkeit. Was steckt dahinter?
- Authentizität und Purpose: Der Purpose muss zum Unternehmen passen. Er sollte also nicht völlig themenfremd oder widersprüchlich zur unternehmerischen Tätigkeit stehen. Und er muss ernst genommen werden. So wird auch für Geschäftspartner:innen, Kund:innen und Mitarbeitende eine runde Sache daraus.
- Konsistenz und Purpose: Der Sinn muss sich konsistent durch das unternehmerische Handeln ziehen. Von der Geschäftsführung bis zu den Lagerist:innen – alle müssen an einem Strang ziehen. Jede Entscheidung muss zum höheren Sinn passen.
- Sichtbarkeit und Purpose: Wirksam wird der Purpose nur dann, wenn er auch sichtbar ist. Alle Beteiligten müssen ihn kennen. Damit sind nicht nur die Mitarbeitenden gemeint. Beispielsweise erklärt der kaufmännische Geschäftsführer der Trumpf GmbH & Co. KG in der Spezialausgabe des Fachblatts „Controlling“ im September 2021: Alle Stakeholder sind mit einbezogen. Selbst jede:r Lieferant:in kennt den Purpose seines Kunden.
Diese Liste ist ein Auftrag an die Unternehmenskommunikation. Sie muss den Sinn klar und deutlich nach innen und außen transportieren. Aber entscheidend ist, dass die Geschäftsleitung hinter dem Purpose steht. Der Fisch sinnt vom Kopf her.
Welcher Purpose passt zum Unternehmen?
Die Antworten darauf sind vielfältig. Für einen Medienkonzern lautet sie: „Wir versorgen die Welt mit der Wahrheit.“ Ein Hersteller von Haushaltswaren findet Sinn darin, die „Welt besser zu machen“. Vielleicht ist das hochgegriffen – andererseits: Der Cambridge-Ökonom Chang Ha-joon hält etwa die Waschmaschine für eine der wichtigsten Erfindungen für die Entwicklung der Menschheit überhaupt.
Wie auch immer, der Purpose muss gar nicht am Produkt ansetzen. Manche Unternehmen verfolgen auch mittelbar einen Sinn, indem sie ihre Einnahmen für gute Zwecke einsetzen. Dieses unternehmerische Engagement im Sinne von Corporate Social Responsibility (CSR) wird von den Kund:innen durchaus geschätzt.
Allerdings kommt es auf die richtige Kommunikation an. Untersuchungen der Universität Mannheim deuten darauf hin, dass eine sachliche Aufklärung über das eigene gesellschaftliche Engagement stärker wirkt als emotionalisierte Geschichten. Denn Kund:innen wittern schnell, ob die Zurschaustellung des Sinns ernst gemeint oder effekthascherisch ist (siehe „Authentizität und Purpose“).
Purpose finden mit Profis
Jürgen Hofer weiß genau um die Spannung zwischen unternehmerischem Handeln, sozialem Anspruch und richtiger Außenwirkung. Er war 20 Jahre bei einer Privatbank, einen Großteil davon in leitender Stellung. Er kennt mittelständische Unternehmer:innen und ihre Motivlagen sehr genau.
Er erklärt: „Für die meisten von ihnen geht es beim unternehmerischen Handeln wie selbstverständlich auch um den Nutzen für die Gesellschaft. Und viele von ihnen wollen darüber hinaus einfach Gutes tun. Aber sie wollen dabei auch ihren Überzeugungen treu bleiben.“ Da kehrt es wieder, das Stichwort Authentizität.
Diesen Menschen geht es nicht darum, soziales Engagement als Ausgleich für ihr Unternehmertum hinzustellen, sondern als logische Ergänzung. Der Purpose besteht hier darin, die unternehmerische Kraft selbst zu nutzen, um Gutes zu bewirken.
Jürgen Hofer erklärt diesen Ansatz: „Die Stiftung Stay aus Stuttgart verfolgt einen unternehmerischen Ansatz in der Armutsbekämpfung. Sie fördert gezielt afrikanische Unternehmer:innen – einheimische Profis für mehr Einkommen, bessere Gesundheit und mehr Bildung in ihrer Heimat.“ Viele Unternehmer:innen aus Stuttgart identifizieren sich mit diesem Ansatz und unterstützen ihn. Im Gegenzug zu diesem Engagement erhalten die Unterstützenden Informationen über die Erfolge bei der Programmarbeit in Afrika. Diese Informationen können die Unternehmen etwa der Belegschaft oder ihren Kund:innen zugänglich machen – und damit Sinn vermitteln.
Die Sinnsuche ist eine anspruchsvolle Herausforderung. Doch Expert:innen bieten Hilfestellung. Und im äußersten Fall gilt wie schon bei Monty Python: Ein gutes Buch zu lesen, hat noch nie geschadet.
Sie möchten wissen, wie Sie Stay unterstützen können? Sprechen Sie mich gern an:
Jürgen Hofer
E-Mail: juergen.hofer@stay-stiftung.org
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