Armut und Bildung – eine Wechselbeziehung

Von |2023-04-13T18:49:51+00:00Mai 17, 2021|Bildung, Entwicklung, Frauen, Kenia, Ruanda, Uganda|

Wächst ein Kind in Armut auf, so beeinflusst das seine Chancen auf Bildung massiv. Die Folge sind lebenslange Benachteiligungen – nicht nur in Bezug auf die eigenen Lebenschancen, sondern auch mit Blick auf die Lebensqualität der Gemeinschaft.

In unseren Projektländern Uganda, Ruanda und Kenia besteht offiziell eine gesetzliche Schulpflicht. Die Schulausbildung selbst ist kostenlos. Tatsächlich können viele arme Kinder jedoch keine Schule besuchen.

Die Schulsysteme in Uganda, Ruanda und Kenia.

Das Schulsystem in Uganda hat seinen Ursprung in der britischen Kolonialzeit des Landes. Die Grundschule dauert sieben Jahre und ist grundsätzlich kostenfrei. Der sich anschließende vierjährige Besuch einer Mittelschule und der zweijährige Besuch einer höheren Schule zur Erlangung der Hochschulreife sind hingegen kostenpflichtig. Erst durch das bestandene Examen der Mittelschule wird ein Schulabschluss erreicht. Dieser ist Voraussetzung für den Start in eine Berufsausbildung.

Das Schulsystem in Ruanda wurde ursprünglich von katholischen Missionaren aufgebaut und ähnelt dem europäischen Schulwesen. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine neunjährige Schulausbildung, die kostenlos ist. Das Schulsystem gliedert sich in drei Phasen: Die Grundschule dauert sechs Jahre. Dann folgt der Wechsel in die Mittelstufe. Nach drei Jahren endet die Schule mit einem Abschluss, der zu einer Ausbildung befähigt. Alternativ kann die Schulausbildung kostenpflichtig fortgesetzt werden. Ein Abschluss nach weiteren drei Jahren führt zur Hochschulberechtigung.

Auch das Schulsystem in Kenia stammt ursprünglich aus der Kolonialzeit. Die Schulpflicht beträgt acht Jahre. Der Schulbesuch ist kostenlos. Die weiterführende Schule zur Erreichung der Hochschulreife muss aber bezahlt werden. Ein späteres Studium wird durch ein Stipendium finanziell unterstützt, sofern sehr gute Leistungen erbracht werden.

In den öffentlichen Schulen kann das hohe Leistungsniveau meistens nicht vermittelt werden. Privatschulen spielen eine immer wichtigere Rolle, denn die Kenianer legen großen Wert auf Bildung. Damit die eigenen Kinder eine gute Ausbildung und die Chance auf ein Studium erhalten, versuchen selbst arme Eltern, die finanziellen Mittel für eine Privatschule aufzubringen. Dafür verschulden sie sich oder verkaufen Land.

Kosten für die Eltern trotz kostenloser Schulbildung – wie ist das möglich?

Obwohl sich die Schulsysteme in Uganda, Ruanda und Kenia formal unterscheiden, gibt es eindeutige Gemeinsamkeiten: Ein Teil der Schulausbildung ist seit einigen Jahren kostenlos und grundsätzlich besteht eine Schulpflicht. Trotzdem können viele Kinder nicht regelmäßig eine Schule besuchen oder müssen sie vorzeitig abbrechen.

Durch den Wegfall der Grundgebühren ist die Qualität des Unterrichts in den öffentlichen Schulen gesunken. Die Schulen selbst können keine Lehrmittel wie z.B. Bücher zur Verfügung stellen. Das geringe Gehalt der Lehrer führt dazu, dass diese aus den ländlichen Gebieten abwandern und eine deutlich besser bezahlte Anstellung in einer Privatschule annehmen. In den öffentlichen Schulen verbleiben schlecht ausgebildete Lehrer. Die Schulgebäude befinden sich oft in einem mangelhaften baulichen Zustand. Die Schulen erheben als Ausgleich von den Eltern Nebengebühren, die der Höhe nach einem Schulgeld entsprechen. Zudem fallen durch den Schulbesuch zusätzliche Kosten an, die sich nicht alle Eltern leisten können. Dazu zählen die Gebühren für Hefte, Bücher, Schulmahlzeit und gehobene Kleidung. Das Tragen einer Schuluniform ist für einen Schulbesuch verpflichtend.

Nicht nur die Schulkosten stellen ein Problem dar. Viele Kinder müssen ihre Eltern bei den Arbeiten daheim unterstützen und zum Lebensunterhalt beitragen. Die Schulwege sind teilweise sehr lang und von den Kindern kaum zu bewältigen.

Besonders Mädchen haben schlechte Chancen auf eine Schulausbildung. Traditionell wird davon ausgegangen, dass sich die Frauen später einmal um die Familie und den Haushalt kümmern. Deshalb wird weniger Geld in die Ausbildung der Mädchen investiert.

Doch es gibt auch Ausnahmen, die den Menschen Mut machen. Eine der bekanntesten und erfolgreichsten ehemaligen kenianischen Schülerinnen ist Dr. Auma Obama. Die Halbschwester des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama wuchs in Kenia auf und besuchte ein Mädcheninternat in Nairobi. Nach ihrem sehr guten Schulabschluss konnte sie mit Hilfe eines Stipendiums in Deutschland studieren und später promovieren. Sie ist ausgebildete Germanistin, Soziologin und Journalistin.

Mut machende Lebensgeschichten wie der Werdegang von Dr. Auma Obama sollten keine Ausnahme darstellen. Deshalb bietet die Stiftung Stay den Menschen in Ostafrika nachhaltige Einkommensprogramme an. Eltern können eigenes Einkommen erzielen, ihre Familie versorgen und ihren Kindern den Schulbesuch ermöglichen. Dadurch können sich die Familien dauerhaft aus der Armut befreien. Zwei Beispiele für erfolgreich umgesetzte Stay Programme sind Stay Bee und Stay Seed.

Petra Ninnemann

Über den Autor:

Petra Ninnemann arbeitet ehrenamtlich bei Stay und unterstützt dabei, über Projekte und Entwicklungen in Ostafrika zu berichten.
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