Im neuen Schuljahr werden wieder mehr Jugendliche mit YouTube & Co lernen – und damit Teil einer Revolution: Die Digitalisierung verändert das Bildungswesen radikal. Afrika könnte davon am meisten profitieren.

Cooler als der Studienrat

Jugendliche, die auf dem Sofa lümmeln, mit Kopfhörern im Ohr und den Blick fest auf ihr Tablet gerichtet, könnten das typische Bild eines modernen Strebers werden. Denn fast die Hälfte der Jugendlichen lernt mit YouTube für die Schule. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Rates für kulturelle Bildung. Die Schülerinnen und Schüler machen sich damit die Vorteile des sogenannten EdTech (Education Technology) zunutze: Sie können über das Internet die Lerninhalte abrufen, die sie interessieren. Im Gegensatz zum Frontalunterricht in der Schule können sie die Erklärvideos beliebig anhalten oder bestimmte Sequenzen wiederholen. Und manchmal sind die Clips einfach cooler als die Studienräte in der städtischen Gesamtschule.

Die Digitalisierung ändert alles. Dieser häufig zitierte Satz stimmt besonders im Bildungsbereich. EdTech in all seinen Formen gewinnt rasant an Bedeutung, auch in der Erwachsenenbildung oder für den Wissensaustausch unter Experten. Sie nutzen Webinare, Wikis, Frage-Antwort-Foren oder einfach Blogs. Selbst Spezialwissen kann sich dadurch viel leichter verbreiten, völlig unabhängig von Ort und Zeit. Internet statt Internat.

Bildung hilft am besten gegen Armut

Neue Bildungsformen sind nirgendwo sonst so nötig wie in Afrika. Noch ist der Kontinent bildungsmäßig abgehängt. Viele Klassen sind mit 50 oder mehr Schülerinnen überfüllt, oft fehlt es ganz an etablierten Schulen oder professionellen Lehrkräften. Außerdem können es sich viele Eltern zeitlich gar nicht leisten, ihre Kinder auf lange Wege hin zu den Ausbildungsstätten zu schicken. In der Folge besuchen immer noch 20 Prozent der Kinder niemals eine Grundschule.

Dabei gibt es für die Weltbank kein besseres Mittel gegen Armut als Investitionen in Bildung, insbesondere die von Mädchen. Denn nur solche Eltern, die finanziell abgesichert sind, können ihren Kindern Zeit zum Lernen lassen. Und nur mit einer wenigstens grundlegenden Schul- und Berufsausbildung können diese Kinder einmal eigenes Einkommen erzielen. Gelingt das nicht, bleiben die Familien über Generationen in einem Teufelskreis aus fehlender Bildung und Armut gefangen.

Auf die digitale Revolution folgt die Bildungsrevolution

EdTech kann dazu beitragen, diesen Teufelskreis aufzubrechen – und für Afrika eine Bildungsrevolution bedeuten. Die Digitalisierung des Lernens macht Investitionen in Bildungsprojekte günstiger und effektiver zugleich. Im Prinzip spricht nichts dagegen, dass ein Jugendlicher in einer afrikanischen Hütte die Vorlesung eines Harvard-Professors verfolgt. Alles, was es dafür braucht, sind zwei Smartphones. Die Reichweite einer hochgeladenen Lehrstunde ist unbegrenzt. Der Bildungsgewinn durch EdTech ist nirgendwo so groß wie für die Ärmsten in Afrika. Kein Wunder also, dass gerade afrikanische Start-ups EdTech-Projekte gründen.

Zum Beispiel Brainshare aus Uganda. Mit ihrer App vernetzen sie Schüler, Eltern und Lehrkräfte und erleichtern so den Austausch von Lehrmaterialien, Fragen und Antworten. Kurz gesagt ermöglichen sie alles, was auch im Klassenzimmer passiert – nur aus beliebiger Entfernung und zu jeder beliebigen Zeit. Das hilft auch denjenigen Kindern, die darauf angewiesen sind, eigenes Geld zu verdienen und nur zu Randzeiten lernen können. Eine andere Plattform, M-Shule aus Kenia, richtet sich speziell an Grundschüler. Ihr Ziel: Persönlich zugeschnittene Lerninhalte für alle Kinder in Afrika. Ihr Mittel: personalisierte SMS, die auch ohne Internetzugang empfangen werden können. Auf diesem Weg verschicken die Anbieter die durch künstliche Intelligenz erstellten Inhalte und Aufgaben.

Lernen, gründen, helfen

Das Leben von Geoffrey Nsubuga hat sich dank EdTech für immer verändert. Geoffrey ist in den Slums von Kampala in Uganda aufgewachsen, aber er wollte sich nicht mit einem Leben in Armut abfinden. Irgendwann verstand er, welche Chance ihm das Internet bot. Er begann, sich selbst online zu bilden. Später gründete er Somero, ein Projekt, das jungen Menschen Berufsausbildungen wie Schneiderei, IT oder Videogestaltung anbietet. Geoffrey hat sich vom Slum-Kind zum Leiter eines Bildungsprojekts mit etwa 20 Mitarbeitenden und hunderten Schülern hochgebildet.

Solche Erfolgsgeschichten fördert die Stiftung Stay. Wir unterstützen gezielt einheimische afrikanische Gründer, die mit ihren Hilfsprojekten im Bildungsbereich das Leben der Ärmsten dauerhaft verbessern. Damit das gelingt, setzen wir auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Jedes Projekt, das Stay fördert, muss langfristig auf eigenen Beinen stehen können. Geoffreys Somero ist so ein Projekt und ist deswegen auch Teil unseres Bündnisses afrikanischer Sozialunternehmen, der LATEK Stay Alliance Uganda. [Link zur Website https://www.stay-stiftung.org/unser-erfolgreiches-pilotprojekt]

Robo, übernehmen Sie!

Schon wird die nächste Stufe von EdTech allmählich Alltag: Seit neuestem setzen bereits etablierte Schulen auf virtuelle Klassenzimmer oder Roboter-unterstützte Lehrmethoden. Vermutlich wird zwar niemals ein Robo-Teacher wie R2D2 vor der Klasse stehen und unterrichten. Aber intelligente Algorithmen können menschliche Lehrkräfte dabei unterstützen, etwa für jede Schülerin die passgenaue Hausaufgabe zu erstellen. Dieses individualisierte Lernen dürfte fesseln und Spaß machen – und die Jugendlichen noch länger an ihre Tablets binden.

Quelle: Itnewsafrica.com